Dolmetschen, die Zweite
Ziel der vorliegenden Arbeit ist, die Leistung von Simultandolmetschern im Hinblick darauf zu analysieren, inwieweit Veränderungen feststellbar sind, wenn ein und derselbe Dolmetscher die Möglichkeit bekommt, die exakt gleiche Rede unter identischen Bedingungen nochmals zu dolmetschen. Als theoretisches Grundgerüst dient Daniel Giles Effort Model of Simultaneous Interpreting. Nach einer allgemeinen Einführung (Kapitel 1) wird der Prozess des Simultandolmetschens in Teilaufgaben – die Efforts – zerlegt und auf mögliche Probleme bei deren Bewältigung eingegangen (Kapitel 2). Ursachen und Folgen suboptimaler Leistungen bei der Übertragung in die Zielsprache werden ebenso behandelt wie die von Gile beschriebenen Bewältigungsstrategien, die Dolmetscher anwenden (müssen), wenn die verfügbaren Verarbeitungskapazitäten für die Bewältigung der Efforts unzureichend sind. (Kapitel 3). Nach Giles Tightrope Hypothesis ist der Dolmetscher gleichsam ein Seiltänzer zwischen den Kulturen, der, wie anhand einer von ihm durchgeführten empirischen Studie und der kritischen Replik Anthony Pyms veranschaulicht, bei seinem Balanceakt rasch aus dem Gleichgewicht kommen kann (Kapitel 4). Diesem Drahtseilakt ist auch der empirische Beitrag der gegenständlichen Arbeit gewidmet (Kapitel 5). Zwecks Überprüfung der Erkenntnisse zur Tightrope Hypothesis sollten unter identischen Bedingungen wiederholte Dolmetschleistungen eingehend auf Unterschiede zwischen der ersten und der zweiten Version untersucht werden. Das dazu erstellte Korpus umfasste neben den Leistungen eines erfahrenen Berufsdolmetschers jeweils zwei Dolmetschungen von vier Studierenden. Der bei der Auswertung und Analyse der Transkripte gewählte Ansatz weist hinsichtlich der Unterscheidung von Auffälligkeiten nach dem Grad der (anzunehmenden) Kommunikationsgefährdung im Sinne Pyms kontextualistische Züge auf, zugleich aber auch kognitivistische, wenn es um die Frage nach möglichen Ursachen des Nichtzustandekommens erfolgreicher Kommunikation geht. Die von Gile festgestellte Leistungsveränderung bei der Wiederholung von Dolmetschungen unter identischen Bedingungen konnte untermauert werden. Es zeigte sich auch, dass die Tightrope Hypothesis nicht gleichermaßen auf Berufsdolmetscher und Studierende anwendbar ist.
Year of publication: |
2009
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Authors: | Mika, Alexander |
Subject: | Übersetzungswissenschaft |
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