Von der kostenlosen Arbeitskraft zur Betriebsführerin
Die österreichische Landwirtschaft hat in den vergangenen 50 Jahren grundlegende und revolutionäre Strukturveränderungen erfahren. Arbeitsalltag und Lebensperspektiven der Bäuerinnen wurden von diesem Wandel stark beeinflusst. Bäuerinnen waren meist kostenlose Arbeitskräfte und einer starken Mehrfachbelastung durch die Arbeit am Hof, der Kinder- und der Altenbetreuung ausgesetzt. Während der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert wurden viele Bauernhöfe von den Frauen geführt, doch nach den Kriegszeiten wurden sie wieder in ihre alten Rollen zurückgedrängt. In der Nachkriegszeit lockte die Industrialisierung viele Menschen aus den ländlichen Gebieten in die Städte. Das Leben der Bäuerinnen veränderte sich grundlegend, ihre Arbeitsbelastung stieg stark an, da sie die schwere körperliche Arbeit im Stall und auf dem Feld verrichten mussten. Viele Frauen waren an den Hof gebunden, da sie weder über Führerschein noch eine gut ausgebaute öffentliche Verkehrsanbindung hatten. Das Berufsbild der Bäuerin war daher für junge Frauen keine attraktive Lebensperspektive. Der Beruf wurde vor allem mit schwerer körperlicher Arbeit und niedrigem Einkommen assoziiert. In den Siebzigerjahren erhielten Frauen aufgrund von Reformen der sozialistischen Regierung besseren Bildungszugang: Das gestiegene Bildungsangebot und wichtige Infrastrukturmaßnahmen wie die Schülerfreifahrt ermöglichten den Frauen eine bessere Ausbildung. Der Strukturwandel bedeutete aber auch, dass viele kleinere landwirtschaftliche Betriebe auf Nebenerwerb umstellten. Meist ergriffen die Männer einen Beruf außerhalb der Landwirtschaft und die Frauen führten den Hof. Der Beitritt zur Europäischen Union veränderte die Voraussetzungen zur Leitung eines Bauernhofes stark. Interessensgemeinschaften der Landwirtschaft, wie die Arbeitsgemeinschaft der Bäuerinnen, bieten Landwirtinnen ein breites Angebot für Weiterbildung, um Defizite in der Ausbildung aufzuholen. Landwirtschaftliche Fachschulen wurden reformiert und das Angebot für die Weiterbildung der Erwachsenen erweitert. Die kleinstrukturierten Nebenerwerbslandwirtschaften bedeuten eine Entspannung für den Arbeitsmarkt, da die Betriebsführerinnen ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft verdienen. Die Nebenerwerbslandwirtschaften wurden aber auch zu einem wichtigen ökonomischer Faktor im ländlichen Raum, da ein großer Teil der erwirtschafteten Einkommen wieder in die Betriebe reinvestiert wird. Eine zentrale Herausforderung für die Zukunft der österreichischen Bäuerinnen wird der Kampf um einen gerechteren Preis ihrer Produkte sein. Qualitativ konzipierte Leitfadeninterviews dienten als Forschungsmethode für diese Arbeit. Die Interviews wurden anhand eines Gesprächsleitfadens geführt, sie wurden von der Autorin persönlich durchgeführt und transkribiert.
Year of publication: |
2010
|
---|---|
Authors: | Müller, Romana |
Subject: | Sozialgeschichte |
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