Temporäre Migration Ein Weg für Europa?
Das Thema Immigration steht auf europäischer Ebene immer wieder auf der politischen Agenda. Häufig stand bei der Diskussion die illegale Immigration an den Außengrenzen der EU im Mittelpunkt. Der bisher umgesetzte Ansatz der Europäischen Union mit illegalen Flüchtlingsströmen umzugehen, war es, die Grenzen zu schließen und die Grenzkontrollen zu verschärfen. Diese Politik hat jedoch nicht zu einer Abnahme des illegalen Zustroms nach Europa geführt, nur die Routen haben sich geändert. Im Laufe der letzten Jahre reifte auf europäischer Ebene die Erkenntnis, dass nur durch Abschreckung die Situation an der Südgrenze nicht verbessert werden kann. Es wurden neue Ansätze zur legalen Zuwanderung vorangebracht, das Konzept der temporären Migration und selektive Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften. Diese beiden europäischen Konzeptentwürfe bilden die Motivation für die ökonomische Analyse in dieser Arbeit. In der Arbeit werden Lösungsansätze zur Überwindung der illegalen Einreise und Beschäftigung in der EU aufgezeigt. Aufbauend auf bestehenden Migrationstheorien wird ein ökonomisches Modell entwickelt, mit dem sich die Funktionsweise der temporären Migration abbilden und gleichzeitig die Probleme dieses Ansatzes aufzeigen lassen. Die Anreizstruktur für die Migranten, nach einer vorgegebenen Zeit wieder auszureisen, spielt eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung des Konzepts. In diesem Modell wird die Ausreise durch einen monetären Anreiz unterstützt, damit es zu keiner permanenten Migration kommt. Für die legale Migration wird ein zeitlich befristetes Visum ausgegeben. Aufbauend auf einer Ausgangssituation mit ausschließlich illegaler Migration wird gezeigt, welche Bedingungen für temporäre Migration erfüllt sein müssen, damit das Politikziel temporärer Aufenthalt erreicht wird. Die Modellanalyse ergibt, dass dem Kapitalmarktzugang der Migranten eine zentrale Bedeutung zukommt. Für die europäische Migrationspolitik bedeuten die Ergebnisse, dass eine Umsetzung und Ausgestaltung eines temporären Visums möglich ist, wenn die Ausreise mit monetären Mitteln zusätzlich gefördert wird. Auf europäischer Ebene wird gleichzeitig, jedoch unabhängig voneinander, einerseits über die Kontrolle der illegalen Migration diskutiert und versucht das Konzept der temporären Migration zu implementieren, während andererseits gewünschte Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften verfolgt wird. In der Arbeit werden die beiden Bereiche der Migration gemeinsam untersucht. Dazu wird ein Selektionsansatz in das Modell der temporären Migration implementiert, um die hochqualifizierten Arbeitskräfte zu halten, wohingegen die geringqualifizierten Arbeitskräfte nach einer Probezeit wieder ausreisen. Der Selektionsmechanismus wird erzeugt durch Besteuerung der legalen Arbeitseinkommen und durch den monetären Ausreiseanreiz. Die Grundgesamtheit der Migranten unterschiedet sich in diesem Fall hinsichtlich ihrer Arbeitsproduktivität. Bei der Kombination beider Politikziele der EU, Vermeidung von illegaler Migration durch temporäre Visa und forcierte Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften, kommt die Modellanalyse zu dem Schluss, dass eine gemeinsame Betrachtung erfolgsversprechend in Bezug auf beide Ziele ist. Die Informationsasymmetrie hinsichtlich der Produktivität der Migranten zu Beginn der ersten Modellperiode kann durch die Beobachtungen während der Probezeit und der zusätzlichen Anreizstruktur des Selektionsansatzes überwunden werden, denn die Migranten offenbaren ihre wahre Produktivität. Für die EU bedeutet dies, dass sie durch die Möglichkeit der temporären Migration für alle Migrationswilligen kombiniert mit der Anreizstruktur, die sich aus dem Zusammenspiel der gewinnmaximierenden Unternehmen mit den staatlichen Instrumenten ergibt, die Selektion von Arbeitskräften mit benötigten Eigenschaften erreicht. Damit ist es den Unternehmen möglich, Arbeitskräfte mit benötigten Fähigkeiten im Unternehmen zu halten. Für die restlichen Migranten ist durch den monetären Ausreiseanreiz ein temporärer legaler Aufenthalt gewährleistet. Die in dieser Arbeit entwickelten Ansätze verfolgen weder das Ziel der unkontrollierten Migration in die EU, noch eine Abschottung ohne Migration. Vielmehr werden ausgehend von der gegebenen illegalen Migrationssituation in der EU Lösungskonzepte untersucht, die die Risiken und Kosten sowohl der Migranten als auch der Einwanderungsländer reduzieren. Durch legale temporäre Migration lassen sich Flüchtlingskatastrophen verhindern. Durch die Kombination mit einem Selektionsansatz lässt sich zusätzlich das Problem des Fachkräftemangels in der EU reduzieren. Auch wenn sich die Modellbedingungen nicht direkt auf die europäische Migrationspolitik übertragen lassen, schließt diese Arbeit mit der klaren Handlungsempfehlung an die europäischen Entscheidungsträger, eine gemeinsame Strategie aus temporärer und selektiver Migration zu verfolgen.
Alternative title: | Temporary migration a path for Europe? |
---|---|
Year of publication: |
2010
|
Authors: | Schaefer, Karen Antonia |
Publisher: |
RWTH Aachen / 08 Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Lehr- und Forschungsgebiet Internationale Wirtschaftsbeziehungen [814320] |
Subject: | Migration | Internationale Migration | illegale Migration | Visapolitik | illegal migration | visapolicy |
Saved in:
freely available
Saved in favorites
Similar items by subject
-
Deflection into irregularity? : the (un)intended effects of restrictive asylum and visa policies
Czaika, Mathias, (2014)
-
Migration effects of Romania's accession to the EU : the case of Moldova
Pop, Adrian, (2009)
-
Migration Effects of Romania's Accession to the EU : The Case of Moldova
Pop, Adrian, (2009)
- More ...