Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien: Währungsreserven und Bankenliquidität
Währungsreserven und Bankenliquidität Bei dem Versuch, die Liquiditätsversorgung der Banken durch außenwirtschaftliche Einflüsse exakt zu erfassen, wird häufig genug nur auf die Entwicklung der offiziellen Währungsreserven bei der Zentralbank abgestellt. Solange man aber nicht gleichzeitig auch die kurzfristigen Auslandsforderungen der Banken, also den Geldexport, miteinbezieht, muß jede Aussage über Liquiditätsveränderungen lückenhaft bleiben, weil entweder reine Umschichtungen der Bankenliquidität zwischen Inlands- und Auslandsanlagen als Liquiditätsexpansıon oder -kontraktion beurteilt werden oder vom Auslandsgeschäft ausgehende Liquiditätswirkungen überhaupt nicht erfaßt werden. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, müssen daher offizielle und private Devisenforderungen gemeinsam betrachtet werden. Die Verzerrungen werden um so größer, je höher der Anteil der Geldexporte in einem Land ist. Das soll am Beispiel der BRD und Großbritanniens deutlich gemacht werden, die sehr unterschiedlich strukturiert sind. 1. Statistisch gesehen weisen die gesamten Währungsreserven in Großbritannien meist nur positive Veränderungen auf, wirken also permanent Liquidität zuführend. In der BRD sind dagegen sowohl starke expansıv wıe kontraktiv wirkende Veränderungen der gesamten Währungsreserven zu verzeichnen. Der Einfluß des Marktfaktors Zahlungsbilanz auf die Bankenliquidität ist hier viel uneinheitlicher. 2. Die Aufteilung der gesamten Währungsreserven zwischen Zentralbank einerseits und Bankensystem andererseits ist in beiden Ländern unterschiedlich. Bei einem Vergleich der absoluten Werte zeigt sich, daß die Währungsreserven der Bundesbank etwa 3 - 4mal so hoch sind wie die Geldexporte der deutschen Banken. Dagegen machen die offiziellen Reserven in Großbritannien nur etwa den elften Teil der Geldexporte britischer Banken aus. Vergleicht man die Veränderungswerte, so sind die offiziellen Währungsreserven in der BRD viel größeren Schwankungen unterworfen als die Geldexporte deutscher Banken. Daraus kann man schließen, daß ein erheblicher Teil aller Devisengeschäfte über die Bundesbank abgewickelt wird. In Großbritannien sind nur geringe, meist positive Veränderungen der offiziellen Währungsreserven nachzuweisen, dagegen stärkere Veränderungen der Geldexporte britischer Banken, ebenfalls überwiegend als Zunahmen. Während sich die Entwicklung in der BRD im Sinne der Währungstheorie als modellgerecht erweist, paßt sich Großbritannien nicht in das Schema ein. Als Land mit einer ständig schwachen, abwertungsbedrohten Währung hätte man eine anhaltende Verminderung der britischen Währungsreserven erwartet. Die hohen britischen Geldexporte entsprechen zwar dem Modell; sie können aber bei relativ gleichbleibenden Währungsreserven nur durchgeführt werden, wenn gleichzeitig hohe Geldimporte vorliegen, die bei einem abwertungsverdächtigen Land eigentlich nicht erwartet werden. Diese Diskrepanz zwischen Währungstheorie einerseits und britischer Realität andererseits läßt sich nur dadurch erklären, daß London das Zentrum des Eurodollarmarktes ist, von daher die britischen Fremdwährungsverbindlichkeiten stets höher waren als die Forderungen in fremder Währung und sich ein Rückgriff auf die Zentralbank erübrigte. Deshalb ist der Aussagewert allein der offiziellen Währungsreserven für die Entwicklung der Bankenliquidität in Großbritannien noch zweifelhafter als in der BRD.
Year of publication: |
1974
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Authors: | Wolff, Heide |
Published in: |
Kredit und Kapital. - ISSN 0023-4591. - Vol. 7.1974, 4, p. 474-488
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Publisher: |
Berlin : Duncker & Humblot |
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