Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) : Motivation, Ausgestaltung und wirtschaftliche Implikationen eines CO2-Grenzausgleichs in der EU
Galina Kolev, Roland Kube, Thilo Schaefer, Leon Stolle
Das neue Emissionsreduktionziel der EU von 55 Prozent gegenüber 1990 erfordert den Hochlauf von umfassenden, kostspieligen Technologieinvestitionen zur Dekarbonisierung der Industrie. Gleichzeitig unterliegen erst knapp 20 Prozent der weltweiten Emissionen einer direkten CO2-Bepreisung (World Bank, 2020) und die regionalen CO2-Preise liegen meist unter dem europäi-schen Zertifikatspreis. Damit die Transformation der europäischen Industrie weiterhin mit ei-nem international konkurrenzfähigen Produktionsstandort Europa vereinbar ist, sind zuneh-mende Wettbewerbsnachteile für europäische Hersteller und das steigende Risiko einer Verla-gerung der Produktion und der Emissionen an außereuropäische Standorte (Carbon Leakage) einzudämmen. Im Rahmen ihres Green Deals plant die EU-Kommissionen dazu einen Grenzaus-gleich (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) auf Emissionen von importieren Indust-rieprodukten, wenn diese aus Regionen mit geringerem CO2-Preisniveau stammen (EC, 2019). Die Einführung eines Grenzausgleichsmechanismus wird handelspolitische Implikationen mit sich bringen. Sollten die Handelspartner die Grenzabgaben als protektionistisch motivierte Maß-nahme bewerten, könnten sie eine Klage vor der Welthandelsorganisation WTO erheben und Vergeltungsmaßnahmen einleiten. Die Welthandelsregeln enthalten zwar Ausnahmen für Um-weltgüter, doch die endgültige WTO-Konformität lässt sich erst durch drohende Gerichtsverfah-ren endgültig klären. Gerade für exportorientierte Hersteller in Europa liegt hierin ein besonde-res Risiko, denn der Grenzausgleich würde vor allem Zuliefererländer wie Russland, die Türkei und China betreffen, die gleichzeitig wichtige Exportzielländer sind. [...]