Mythos oder Realität : werden die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher?
Andreas Peichl und Martin Ungerer, Richard Hauser, Stefan Sell, Judith Niehues und Christoph Schröder, Dorothee Spannagel und Anita Tiefensee, Helmut Dedy, Gerhard Bosch und Thorsten Kalina
In der öffentlichen Debatte herrscht die Einschätzung vor, dass die Ungleichheit der Einkommen und des Vermögens in Deutschland und in Europa in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Geht die Schere zwischen Arm und Reich wirklich weiter auseinander, oder ist die wachsende Ungleichheit ein Mythos? Nach Ansicht von Andreas Peichl und Martin Ungerer, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, werden die Armen zwar nicht unbedingt ärmer, allerdings werden die Reichen sehr wohl reicher. Des Weiteren habe es in der Vergangenheit negative Entwicklungen bezüglich persistenter Armut und Einkommensungleichheit gegeben, die der aktuelle Beschäftigungsboom nicht ausgleichen konnte. Allerdings könne eine Aufnahme von Beschäftigung bei entsprechenden Aufstiegsmöglichkeiten auch unterhalb der Armutsrisikoquote sinnvoll sein. Damit dieses Prinzip funktioniere, müssten aber die staatlichen Anreize zur Aufnahme von Beschäftigung speziell für Geringverdiener verbessert werden. Nach Angaben von Richard Hauser, Goethe-Universität Frankfurt, sind gegenwärtig zwischen 15,5% und 16,5% der Bevölkerung vom Einkommensarmutsrisiko betroffen. Eine Zunahme der Ungleichheit zeige sich in vielen hochentwickelten Ländern und auch im Durchschnitt der EU-Länder, wobei die deutsche Armutsrisikoquote noch etwas unter dem EU-Durchschnitt liege. Für Stefan Sell, Hochschule Koblenz, ist die Fokussierung auf die 10 bis 15% einkommensarmer Menschen nach der offiziellen Abgrenzung eine kontraproduktive Verengung im Sinne der eigentlich zu führenden Diskussion. Man sei vielmehr mit einer Polarisierung nach dem »60-40«-Muster konfrontiert: 60% der Menschen gehe es besser, sie erfahren Einkommenszuwächse und profitieren auch von der arbeitsmarktbedingt besseren Lohnentwicklung, aber 40% würden abgehängt und hätten heute weniger zur Verfügung als noch vor zehn oder 20 Jahren, obgleich viele von ihnen voll in den Arbeitsmarkt integriert seien.
Year of publication: |
2017
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Authors: | Peichl, Andreas ; Ungerer, Martin ; Hauser, Richard ; Sell, Stefan ; Niehues, Judith ; Schröder, Christoph ; Spannagel, Dorothee ; Tiefensee, Anita ; Dedy, Helmut ; Bosch, Gerhard ; Kalina, Thorsten |
Published in: |
Ifo-Schnelldienst. - München : Ifo-Inst., ISSN 0018-974X, ZDB-ID 2658735-X. - Vol. 70.2017, 10 (24.5.), p. 3-26
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