Neue Wege beruflicher Qualifizierung zur Stärkung der wirtschaftlichen Prosperität : berufliche Bildung im Kontext des lebenslangen Lernens; Herausforderungen an Staat und Unternehmen
von Georg Rothe
In Deutschland hat sich zwischen Schulentlassung und Eintritt in die Berufsausbildung ein Übergangssektor etabliert, der verschiedenartige Wege der Berufsvorbereitung und Grundqualifizierung umfasst. In diesen Sektor münden derzeit fast ebenso viele Jugendliche ein wie in die Ausbildung im dualen System. Eine solche Entwicklung kennen andere EUStaaten nicht. Die Studie geht der Frage nach, weshalb in Deutschland derart gravierende Probleme beim Übergang von der Schule in die berufliche Erstausbildung bestehen. Die Ursachen liegen nicht nur im seit Jahren anhaltenden Mangel an betrieblichen Ausbildungsplätzen, sondern auch in Besonderheiten und Schwächen des Berufsbildungssystems insgesamt. Aufgrund der Defizite im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung zeichnet sich ein zunehmender Fachkräftemangel ab, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands schwächt. So besteht erheblicher Handlungsbedarf, um die von der EU gesetzten Wachstumsziele für die europäischen Volkswirtschaften zu erreichen und die eng damit verknüpften Reformen im Bereich der beruflichen Bildung zu realisieren. Die Reformbereitschaft ist in Deutschland allerdings gering und die realistische Einschätzung des eigenen Berufsbildungssystems durch Grundüberzeugungen wie Festhalten am Berufsprinzip und Beschränkung des Staates auf subsidiäre Funktionen erschwert. Daher widmet sich ein besonderer Teil der Studie diesen Zusammenhängen. Die Untersuchung lenkt den Blick auch darauf, wie andere europäische Staaten mit den Herausforderungen der sich wandelnden Anforderungen an die berufliche Bildung umgehen. Die zur Diskussion gestellten Vorschläge zur Ergänzung und Aktualisierung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland befassen sich einmal mit neuen berufsqualifizierenden Bildungsgängen, die den Übergangssektor weitgehend verzichtbar machen sollen. Zum anderen geht es um den Aufbau eines gestuften Bildungsgesamtsystems zur Verwirklichung des lebenslangen Lernens.