Swedish Central Bank Policy in the Post-War Period: Some Comments
Schwedische Zentralbankpolitik der Nachkriegszeit Der Beitrag befaßt sich mit den kreditpolitischen Maßnahmen der schwedischen Reichsbank in der Nachkriegszeit und untersucht einige ihrer Folgen. In diesem Zusammenhang werden sowohl die kritischen Einwände gegen diese Politik als auch die Maßnahmen selbst dargestellt. Einleitend wird darauf hingewiesen, daß an sich schon die Unterscheidung zwischen Geldpolitik und Kreditpolitik strittig ist. Im vorliegenden Beitrag wird unter Geldpolitik die traditionelle Notenbankpolitik zur Beeinflussung verschiedener monetärer Gesamtgrößen (der Geld-"Basis", der Reserven der Geschäftsbanken und des Geldangebots) verstanden. Als Kreditpolitik werden demgegenüber Maßnahmen gekennzeichnet, die sich auf die Beeinflussung der Zinssätze und der Verteilung von Krediten auf die verschiedenen Sektoren einer Volkswirtschaft beziehen. Das Hauptanliegen des Beitrages ist nachzuweisen, daß die Politik der Reichsbank weniger Geld- als Kreditpolitik ist, weil ihre Maßnahmen vornehmlich auf die Beeinflussung der Kreditverteilung und die Zusammensetzung der Bankaktiva gerichtet sind, mit dem Ergebnis, daß die Hauptlast der Reichsbankpolitik und ihrer Veränderungen von den privaten Sektoren der Volkswirtschaft getragen werden muß. Als Gründe für die einseitige Bevorzugung von Kreditkontrollen durch die Reichsbank werden die Versuche zur Erhaltung eines "niedrigen" Zinsniveaus hervorgehoben; dabei wird der Einfluß der keynesianischen Ansichten, der "Availability"-Theorie und der Stockholmer Schule der Nationalökonomie auf die schwedische Notenbankpolitik besonders unterstrichen. Das Ergebnis ist, daß der Marktmechanismus bei der Allocation von Krediten weitgehend außer Kraft gesetzt wird. Dies zeigt sich auch bei der Darstellung der verschiedenen Instrumente, die zur Beeinflussung der Allocation von Krediten angewandt werden. Hierzu gehören u.a. der Zwang zur Einhaltung bestimmter Liquiditätsquoten (die als Verhältnis der Bestände an Zentralbankgeld und öffentlichen Titeln zu den Einlagen definiert werden), die Kreditplafondierung, die quantitative Begrenzung des Notenbankkredits der Geschäftsbanken, das Gänsemarschprinzip bei der Emission von Anleihen, die Kontrolle des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs und naürlich auch die "moral suasion", d.h. die mit leichtem Druck verbundene Überredungskunst der Notenbank. Der Wechsel zwischen Perioden, in denen diese Instrumente voll eingesetzt wurden und anderen, in denen (die Reichsbank keinen restriktiven Einfluß ausübte, schlägt sich in der schwedischen Kreditstatistik in außerordentlich starken Schwankungen im Zuwachs der Kredite und Einlagen privater Kunden nieder, während die als vordringlich angesehene öffentliche Verschuldung (einschl. der zur Durchführung des Wohnungsbaus) relativ stetig wuchs. In ıder kritischen Wertung der Reichsbankpolitik wird zunächst ihre Gerechtigkeit in Frage gestellt. Es wird geltend gemacht, daß die Ausklammerung des öffentlichen Sektors bei Restriktionsmaßnahmen eine um so stärkere Belastung des privaten Sektors erforderlich macht, die insoweit als eine zusätzliche Besteuerung angesehen werden könnte. Da zudem die Aufrechterhaltung niedriger Zinssätze nur für die Deckung des Kreditbedarfs des öffentlichen Sektors gilt, müssen die Sätze für den privaten Sektor um so höher sein. Andererseits wird die Wirksamkeit der Kreditpolitik durch die Bildung von finanziellen Nebenmärkten bzw. die Entstehung von grauen und schwarzen Kreditmärkten durchkreuzt. Dies zwingt wiederum die Reichsbank, ihre Kontrollen auf immer neue Sektoren auszudehnen und immer schärfere Maßnahmen zu ergreifen. Ein wesentlicher Einwand gegen die bisherige Notenbankpolitik in Schweden ist, daß sie die Geldnachfrage des privaten Sektors in Zeiten ohne restriktive Maßnahmen vergrößert. Es werden also vorsorglich liquide Mittel angesammelt, um sich gegen künftige Maßnahmen der Notenbank zu schützen. Sie muß deshalb ständig härtere Methoden anwenden, um den jeweils erwünschten Effekt zu erzielen. Sie vernachlässigt dabei jedoch den expansiven Effekt, der sich aus der Ausdehnung des Geldangebots durch Budgetdefizite oder Zahlungsbilanzüberschüsse ergeben kann. Auch dies kann sie zu einer immer drastischeren und länger anhaltenden Restriktionspolitik veranlassen. Trotzdem ist auch in Schweden bei weitem keine Preisstabilität erreicht worden, dagegen allerdings ein geringer Grad an Arbeitslosigkeit. Da sich die bisherigen, primär kreditpolitischen Maßnahmen der Notenbank - insbesondere im Kampf gegen die Inflation - weitgehend als wirkungslos erwiesen haben, wird in dem Beitrag ein Übergang zu einer orthodoxen Geldpolitik empfohlen; dazu würde ein stärkerer Rückgriff auf Offen-Markt-Operationen, Änderungen des Diskontsatzes und der Reserveanforderungen gehören. Dies würde zwar bedeuten, daß sich die Allocation der Kredite nach den Marktkräften richten würde. Dafür könnte sich jedoch die Reichsbank besser ihrer eigentlichen Aufgabe, der Aufrechterhaltung der Geldwertstabilität, widmen. Die Stelle der Kreditpolitik würde in einem solchen System die Wirtschafts- und Finanzpolitik übernehmen, die die jeweils angestrebten Ziele durch Änderungen in der Besteuerung und in den öffentlichen Ausgaben erreichen könnte. Abschließend wind darauf hingewiesen, daß der Übergang von der Kreditpolitik zu einer orthodoxen Geldpolitik auch die außenwirtschaftliche Absicherung erleichtern würde. Es würde vor allem zu geringeren Unterschieden zwischen in- und ausländischen Zinssätzen führen und damit Kapitalimporte verhindern, die trotz aller Kapitalkontrollen stattfinden, weil die "impliziten" Zinssätze in Zeiten der Kreditrestriktion so hoch sind, daß sich vor allem große Exportunternehmen die jeweils benötigten Mittel im Ausland beschaffen.
Year of publication: |
1973
|
---|---|
Authors: | Jonung, Lars |
Published in: |
Kredit und Kapital. - ISSN 0023-4591. - Vol. 6.1973, 3, p. 322-343
|
Publisher: |
Berlin : Duncker & Humblot |
Saved in:
Saved in favorites
Similar items by person
-
The Stockholm School after fifty years : a conversation with Lars Jonung
Jonung, Lars, (1987)
-
Replik till Andersson och Jonung
Apel, Mikael, (2024)
-
Den nya ekonomin i ett historiskt perspektiv
Jonung, Lars, (2000)
- More ...