Theoriegeleitete Textanalyse? Das Potential einer variablenorientierten qualitativen Inhaltsanalyse
Die qualitative Inhaltsanalyse beansprucht, zwei einander widersprechende methodologische Prinzipien (Offenheit und theoriegeleitetes Vorgehen) zu synthetisieren und darüber hinaus durch ihr regelgeleitetes Vorgehen die systematische Einbeziehung des gesamten empirischen Materials und eine gewisse Reproduzierbarkeit der Auswertung qualitativer Daten zu gewährleisten. Sie wäre damit ein interessantes Auswertungsverfahren für qualitative Projekte, die von Theorie ausgehen und zu Theorie beitragen wollen. Das von Mayring vorgeschlagene inhaltsanalytische Verfahren (das bisher einzige) bleibt jedoch zu eng den quantitativen Vorbildern verhaftet und bietet auch keine wirkliche Synthese von Offenheit und theoriegeleitetem Vorgehen. Insbesondere die Arbeit mit geschlossenen Kategoriensystemen, bei denen alle möglichen Ausprägungen vorab feststehen, scheint unter dem Aspekt der Offenheit problematisch. Ausgehend von einer Kritik dieses Verfahrens wird deshalb eine Alternative vorgeschlagen und an einem Beispiel vorgeführt, die auf einem anderen Verständnis von soziologischen Untersuchungsvariablen beruht. Die mehrdimensionalen, nominalskalierten Konstrukte, die mitunter in der Theorie als Variablen behandelt werden, entsprechen der Komplexität des Gegenstandes qualitativer Sozialforschung viel besser als einfache, an quantitative Vorbilder angelehnte Variablen und können deshalb als Analyseraster einer Inhaltsanalyse benutzt werden. Der Verzicht auf geschlossene Kategoriensysteme garantiert die notwendige Offenheit der Analyse für unerwartete Informationen. Da die Inhaltsanalyse häufig auf große Mengen Text angewendet werden muß, lag die Anwendung eines computergestützten Verfahrens nahe. Die angebotenen Softwarepakete basieren jedoch auf einer Verkodung der Urtexte, während eine Inhaltsanalyse Informationen extrahiert und - unter Beibehaltung eines Verweises auf die Fundstelle - getrennt weiter-verarbeitet. Deshalb war es erforderlich, eigene Instrumente für die Computerunterstützung zu entwickeln. Das wurde durch die Programmierung von Makros in Word für Windows möglich.
Year of publication: |
1999
|
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Authors: | Gläser, Jochen ; Laudel, Grit |
Publisher: |
Berlin : Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) |
Saved in:
Series: | WZB Discussion Paper ; P 99-401 |
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Type of publication: | Book / Working Paper |
Type of publication (narrower categories): | Working Paper |
Language: | German |
Other identifiers: | 824114167 [GVK] hdl:10419/50917 [Handle] RePEc:zbw:wzbtss:P99401 [RePEc] |
Source: |
Persistent link: https://www.econbiz.de/10010306947
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