Im Ergebnis von Hochrechnungen auf der Basis von in den letzten beiden Jahrzehnten durchgeführten empirischen Feldstudien kann davon ausgegangen werden, dass gegenwärtig in Deutschland zwischen rund 1,2 und 2,0 Millionen Menschen über 65 Jahren von demenziellen Erkrankungen im weitesten Sinne betroffen sind, wobei sich der harte Kern der mittelschweren und schweren Fälle auf etwa 1,0 bis 1,3 Millionen älterer Menschen konzentrieren dürfte. Rund drei Viertel aller demenziell Erkrankten leben in häuslicher Umgebung; ein Viertel lebt in Heimen. Legt man die gegenwärtigen altersspezifischen Demenz-Prävalenzraten zugrunde und hält diese über die nächsten Jahrzehnte hinweg stabil, dann kann die künftige Entwicklung der Zahl demenziell Erkrankter auf der Basis der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamts (Variante 5) berechnet werden. Dieser Modellrechnung zufolge wird sich die Zahl der mittelschweren und schweren Fälle von Demenz - ausgehend vom Jahr 2000 - bis zum Jahr 2050 etwa verzweieinhalbfachen, d. h. von etwa einer Million auf dann rund 2,4 Millionen Menschen anwachsen. Bezieht man auch die leichteren Fälle von Demenz in die Vorausberechnung ein, dann ist in Deutschland bis 2050 mit bis zu 5 Millionen demenziell Erkrankten insgesamt bei einer auf ca. 75 Millionen zurückgehenden Gesamtbevölkerung zu rechnen. Diese Entwicklung geht auf gravierende Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung zurück, deren wichtigste Komponenten die extrem starken Wachstumsraten der obersten Altersgruppen sind. Das derzeit geltende Pflegeversicherungsrecht deckt, trotz der mit dem Pflegeleistungs- Ergänzungsgesetz von 2001 vorgenommenen Verbesserungen, die Versorgungsdefizite von Menschen mit erhöhtem allgemeinen Betreuungsbedarf, darunter der demenziell Erkrankten, nur in sehr mangelhafter Weise ab. Insbesondere der dem Gesetz zugrunde gelegte enge Pflegebedürftigkeits-Begriff, reduktionistische und unklare Definitionen des durch das Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz begünstigten Personenkreises, die Beschränkung der neuen gesetzlichen Leistungen auf in häuslicher Umgebung, nicht aber in Heimen lebende demenziell Erkrankte sowie die Höhe, Zweckbindung und institutionelle Anknüpfung der Leistungen für Demente an niedrigschwellige Angebote stehen im Mittelpunkt der Kritik. Angesichts der bestehenden Versorgungsdefizite und der Dynamik des Demenz-Problems kommen auf die Pflegeversicherung in den kommenden Jahrzehnten neue Anforderungen zu, die sicher nicht kostenneutral zu bewältigen sein werden. Soll der sich abzeichnende Trend zur vollstationären Versorgung demenziell Erkrankter gemildert oder gar gestoppt werden, erfordert dies die finanzielle, personelle und qualifikatorische Stärkung der professionell-ambulanten pflegerischen Versorgung, aber auch der semi- oder nichtprofessionell erbrachten häuslich-familiären und -ehrenamtlichen Betreuung demenziell Erkrankter. Die hierzu in jüngster Zeit bekannt gewordenen Pläne der Bundesregierung und Vorschläge etwa der Rürup-Kommission können, so sie kurzfristig überhaupt verwirklicht werden, nur als weiterer kleiner Schritt zur partiellen Linderung der akutesten Auswirkungen des Demenz-Problems angesehen werden.