It's all about China, stupid! : handelspolitische Perspektiven nach dem Machtwechsel in den USA
Galina Kolev und Jürgen Matthes
Die Wahl Joe Bidens zum nächsten US-Präsidenten wurde innerhalb der internationalen Ge-meinschaft groß gefeiert. Die Geschichte der US-Handelspolitik zeigt, dass es vielen Demokraten gelungen ist, als US-Präsidenten den Handelsliberalisierungsprozess zu beschleunigen. Die Zu-sammenstellung der neuen Administration bestätigt die Absichten Joe Bidens, den konfrontati-ven Kurs seines Vorgängers gegenüber Verbündeten zu beenden und stattdessen auf Koopera-tion zu setzen, um gemeinsame Herausforderungen anzugehen, etwa in Bezug auf die Ausge-staltung der globalen Handelsregeln. Der Machtwechsel wird zwar den Ton der Handelspolitik ändern, jedoch weniger die Ausrichtung. Zum einen dürfte die Handelspolitik angesichts der innenpolitischen Herausforderungen eine nachrangige Rolle in den kommenden Jahren spielen. Zum anderen scheint der handelspolitische Plan des US-Präsidenten für die nächsten vier Jahre hauptsächlich ein Ziel zu verfolgen: einen Umgang mit dem weitgehend ungebremsten Aufstieg Chinas zu finden und für einen fairen Wettbewerb in der Zukunft zu sorgen. Der Fokus der US-Handelspolitik auf China kann als Chance begriffen werden, die bestehenden Probleme der Welthandelsordnung gemeinsam anzugehen. Doch die Ausrichtung der US-Han-delspolitik auf China und der Wunsch nach mehr internationaler Kooperation wird zunehmend die Verbündeten direkt oder indirekt vor die Wahl stellen: Entweder werden sie die Konfronta-tion mit China mitgehen und auf diese Weise nicht nur die USA unterstützen, sondern auch die eigenen Probleme mit der chinesischen Art des Wirtschaftens angehen. Oder sie versuchen wei-terhin die Konfrontation mit China zu vermeiden, können dann jedoch weniger die Zukunft der Welthandelsordnung mitbestimmen und die Entspannung der bilateralen Beziehungen mit den USA wird weniger selbstverständlich. [...]