Nachfrageanalyse, Economies of Scale und Preisdifferenzierung im deutschen Lebensmitteleinzelhandel
Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln unterliegt in Deutschland seit Jahrzehnten einem anhal-tenden Veränderungsprozess. Um auf veränderte Konsumansprüche reagieren und zukünftige Entwicklungen abschätzen zu können, erzielt die Analyse der Nahrungsmittelnachfrage an-hand der Schätzung von Nachfragesystemen wichtige Erkenntnisse für die Ernährungsindust-rie und Ernährungspolitik. Unter Verwendung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 des Statistischen Bundesamtes stellt die Untersuchung des Nachfrageverhaltens bei Nahrungsmitteln deutscher Haushalte das Ziel des ersten Abschnitts dieser Arbeit dar. Vor der empirischen Spezifikation eines Nachfragesystems prüfen nicht-parametrische Analyseme-thoden den Zusammenhang zwischen dem aufgewendeten Budget sieben aggregierter Nah-rungsmittelgruppen und den logarithmierten Ausgaben für Nahrungsmittel. Die daraus resul-tieren Engelkurven zeigen, dass dieser Zusammenhang häufig nicht linear ist. Das Quadratic Almost Ideal Demand System (QUAIDS) nach Banks et al. (1997) bezieht neben den loga-rithmierten auch die quadrierten logarithmierten Ausgaben für Nahrungsmittel in die empiri-sche Spezifikation der Budgetgleichungen ein und erlaubt damit eine flexiblere Formulierung des auftretenden Nachfrageverhaltens. Aus den mittels Maximum Likelihood Schätzung be-rechneten Parametern des QUAIDS erfolgt die Berechnung der Ausgaben-, Eigenpreis- und Kreuzpreiselastizitäten der sieben Nahrungsmittelgruppen. Zur Darstellung von Nachfrageun-terschieden zwischen Haushalten variierender Größe und Zusammensetzung werden im zwei-ten Schritt die Elastizitäten mittels ungepooltem Regressionsansatz separat für sechs differen-zierte Haushaltstypen bestimmt. Die Ergebnisse bestätigen deutliche Unterschiede im Nach-frageverhalten. Dieser Einfluss der Haushaltsgröße und –zusammensetzung ist mit auf die Möglichkeit der Umsetzung von Economies of Scale im Konsum privater und öffentlicher Güter zurück zu führen. Im Besonderen gewann hier die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der Haushaltsgröße und dem Ausgabenanteil für Nahrungsmittel, unter konstanten Pro-Kopf-Gesamtausgaben, in den vergangenen beiden Jahrzehnten zunehmend an Bedeu-tung. Gemäß dem theoretischen Modell nach Barten (1964) wird ein positiver Zusammenhang erwartet. Die empirische Evidenz einer Vielzahl an Studien ermittelt jedoch einen signifikant negativen Einfluss der Haushaltsgröße auf die Pro-Kopf-Ausgaben für Nahrungsmittel. Dieses zu Theorie konträre Ergebnis löst eine große Diskussion unter den Wissenschaftlern aus. Unter Verwendung nicht-parametrischer und parametrischer Methoden bestätigen die Analysen dieser Arbeit den negativen Zusammenhang auch für Deutschland. Zur Erklärung dieses unerwarteten negativen Einflusses erfolgt die Prüfung der Hypothesen der Endogenität des Arbeitsangebots sowie der direkten Economies of Scale. Die Ergebnisse zeigen, dass der sig-nifikant negative Einfluss der Haushaltsgröße auf die Pro-Kopf-Ausgaben für Nahrungsmittel in Deutschland in der Umsetzung direkter Economies of Scale aufgrund von Mengenrabatten beim Kauf von großen beziehungsweise von Sonderverkaufsaktionen beim Kauf mehrerer Verpackungseinheiten begründet liegt. Während auf US-amerikanischen Lebensmittelmärkten die ausschließliche Existenz des Preissetzungsverhaltens der Mengenrabatte mehrfach wider-legt ist, liegt für europäische Märkte nur wenig empirische Evidenz vor. Anhand des Haus-haltspanels ConsumerScan der GfK Panel Services Deutschland GmbH erfolgt diesbezüglich im dritten Abschnitt der Arbeit die Analyse des Preissetzungsverhaltens beim Angebot mul-tipler Verpackungsgrößen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. In einer zweistufigen Heckman-Schätzung werden auf erster Stufe die Determinanten, die die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Mengenrabatten und Preisaufschlägen beeinflussen, analysiert. Auf zwei-ter Stufe werden unter Berücksichtigung des auftretenden Preissetzungsverhaltens durch die Einbeziehung sogenannter Selektivitätsterme die einflussnehmenden Faktoren des Ausmaßes dieser Preissetzungsmechanismen untersucht.